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Kasachstan: Ursprünge Bildungswesen

 
 

Ursprünge des Bildungswesens in Kasachstan

Die wichtigsten Spuren in der Entwicklung des Bildungssystems von Kasachstan hinterließ die Sowjetzeit. Doch der Ursprung von Bildung und Wissenschaft liegt in früherer Zeit.

Bis Ende des 18. Jahrhunderts kannte man nur die traditionelle Ausbildung in Form des Studiums an religiösen Bildungseinrichtungen an der Mektebe, der allgemeinen Mittelschule und an der Medresse, der Mittel und Hochschule, die Geistliche und Lehrer ausbildete. Weltliche Schulen existierten in Kasachstan nicht. Die moslemische Kultur hatte einen großen Einfluss auf die Herausbildung des kasachischen Volkes wie auch auf die Entwicklung seines Bildungssystems und seiner Wissenschaft.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts war die Medresse in erster Linie durch ihren konfessionellen Charakter geprägt. Es war eine geistliche Bildungseinrichtung für die Ausbildung von Theologen, von Fachleuten des moslemischen Rechts und geistlichen Führern der moslemischen Gemeinden Kasachstans. Das traditionelle Lehrprogramm umfasste das Studium der arabischen Sprache, der Logik, der Philosophie, der Dogmatik und des moslemischen Rechts. Formale Bildungsstufen waren in der Medresse nicht festgesetzt. Es gab nur wenige allgemeinbildende Disziplinen, die oft nur zum besseren Verständnis und zur Aneignung der islamischen Religionslehre beitragen sollten.

Die kasachische Kultur war Anfang des 19. Jahrhunderts durch das Eindringen der russischen Kultur geprägt. Eine besondere Rolle spielten die russische Ausbildung und die Schulen mit Unterricht in russischer Sprache. Diese Schulen brauchte man, um in Kasachstan Personal für den Verwaltungsapparat der zaristischen Regierung heranzuziehen.

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurden die ersten „Garnisonsschulen" gegründet. Im Jahre 1789 wurde in Omsk, damals ein Flecken, von dem aus das Zarenreich seine Kolonisationspolitik vorantrieb, eine „asiatische Schule" eröffnet, die Dolmetscher und Schreiber für die örtliche Verwaltung ausbildete.

Eine 1813 eröffnete Militärschule in Kasachstan wurde 1847 in die Sibirische Kadettenanstalt umgewandelt, aus der 1825 in Orenburg gegründeten Militärschule wurde 1844 die Orenburgische Kadettenanstalt. Kadettenanstalten waren geschlossene ständische Bildungs- und Erziehungseinrichtungen des Zarenreiches.

In diesen Schulen lernten und studierten auch Kinder der kasachischen Aristokratie. Wie es in den Zarenerlassen hieß, sollten die Schulen „zur Annäherung der Kasachen an die Russen beitragen, bei den Kasachen Liebe und Vertrauen zur Zarenregierung wecken und der Region gebildete Menschen liefern". Die Schulen hatten einen klaren Russifizierungsauftrag. Ihr Lehrplan war umfangreich. In der „asiatischen Abteilung" der Kadettenanstalt Orenburg wurden neben den Militärdisziplinen und der russischen Sprache auch Geschichte, Geographie, Mathematik, Mineralogie, Zoologie, Pflanzenkunde, Forstwissenschaft und einige orientalische Sprachen gelehrt.

Im Jahre 1841 wurde im Hauptquartier von Khan Bukej im heutigen Gebiet  Westkasachstan eine Schule gegründet, in die fast nur Kinder der kasachischen Aristokratie aufgenommen wurden. Bei der Grenzverwaltung Orenburg wurde 1850 eine siebenjährige Schule eröffnet. Zu ihrem Lehrprogramm gehörten das Studium der russischen und der tatarischen Sprache, Geographie, Arithmetik, moslemische Glaubenslehre sowie die Zusammenstellung von Geschäftspapieren in russischer und tatarischer Sprache.

Gegenüber den zahlreichen Völkern nichtrussischer Nationalität verfolgte das Zarenreich insgesamt eine russifizierende Politik und unterdrückte die Entwicklung der nationalen Kultur. Laut der Volkszählung von 1897 hatten Schreibkundige im Alter zwischen neun und 49 Jahren im Zarenreich einen Anteil von 24,8 Prozent. Besonders niedrig war ihre Zahl unter den Kirgisen (0,6 Prozent), Turkmenen (0,7 Prozent), Usbeken (1,6 Prozent) und Kasachen (zwei Prozent).

Die Bildungseinrichtungen Kasachstans trugen ungeachtet ihrer kolonialistischen Ziele und ungeachtet der geringen Schülerzahlen zur Verbreitung der Schriftkundigkeit in der Region bei. Gerade an diesen Schulen ist die kasachische Intelligenz groß geworden, die, da sie sowohl Zugang zur traditionellen kasachischen Kultur als auch zur hochqualifizierten russischen Ausbildung hatte, als Träger von wissenschaftlichen Neuerungsideen auftrat. Im kulturellen Leben Kasachstans spielt die in der Entwicklung begriffene nationale Intelligenz ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle.

Hervorragende Vertreter sind Schokan Ualichanow, Muchammed-Salik Babadschanow und Ibrai Altinsarin. Schokan Muchammed-Chanfija Ualichanow (Tschokan Walichanow) wurde im November 1835 in der Siedlung Kuntimes unweit der Festung Kuschmurun auf dem Territorium des heutigen Gebiets Kostanai in der Familie von Sultan Major Schingis Ualijew geboren. 1847 wurde der zwölfjährige Schokan für ein Studium an der Omsker Kadettenanstalt bestimmt. Nach Abschluss der Anstalt im Jahre 1853 arbeitete er im Generalgouvernement von Westsibirien. Seine Weltanschauung und Ansichten wurden von den besonderen Verhältnissen des vorreformatorischen Russlands die Leibeigenschaft war noch nicht aufgehoben und der Bekanntschaft mit berühmten Persönlichkeiten, darunter Fjodor Dostojewski, geprägt.

Im Jahre 1855 reiste Ualichanow durch Zentral Kasachstan, das Siebenstromland und Tar-bagatai. Er erforschte die Ruinen alter Städte und Felsinschriften, schrieb Mythen, Lieder und Märchen des kasachischen Volkes auf. 1856 und 1857 war er Teilnehmer der Expeditionen durch Kyrgysstan. Er war der erste, der das Volksepos „Manas" - das wichtigste Literaturdenkmal des kirgisischen Volkes - aufschrieb. Die Bekanntschaft mit dem Wissenschaftler, Enzyklopädisten und Geographen Pjotr Semjonow-Tjan-Schanski beeinflußte die weitere Tätigkeit Ualicha-nows. 1857 wurde Ualichanow auf seine Empfehlung als Mitglied der Russischen Geographischen Gesellschaft aufgenommen. 1858 und 1859 machte Ualichanow seine spannendste und gefährlichste Reise, die ihn nach Ostturkestan (das heutige Autonome Gebiet Sinjiang Uigur der Volksrepublik China und ein Teil des südöstlichen Zentralasiens) führte. Bei seiner Kaschgar-Expedition überquerte er den Tienschan und lebte kurze Zeit in Kaschgar. Nach dieser Expedition reiste Ualichanow nach Petersburg, wo er von der wissenschaftlichen Gemeinde als mutiger Reisender und talentierter Forscher empfangen wurde. Im Auftrag der militärwissenschaftlichen Kommission des Generalstabes erstellte er Karten von Mittel- und Zentralasien, unter seiner Redaktion wurden die „Karte des Gebiets zwischen dem Ballhaschsee und dem Alatau", die „Karte über die Ergebnisse der Issyk-Kul-Expedition", die „Karte des westlichen Gebiets des Chinesischen Reiches" und andere erstellt. Er hatte reiche Materialien zu Geographie und Völkerkunde Kasachstans und Mittelasiens gesammelt und hielt Vorträge in der Geographischen Gesellschaft. Russische und westeuropäische Fachleute schätzen das Talent und die wissenschaftliche Arbeit des kasachischen Forschers hoch. Seine Werke sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. Ualichanow starb im April 1865. Seine wissenschaftlichen Studien haben noch heute Aktualität und sind wertvolle Quellen zur zentralasiatischen Geschichte.

Ende des 19. Jahrhunderts lebte und arbeitete im Gebiet Orenburg ein anderer bekannter Wissenschaftler der kasachische Ethnograph Chodsha Muchammed Salik Babadschanow (1834 bis 1893). Nach Abschluss der Kadettenanstalt im Jahre 1861 diente er bis 1862 in der Grenzkommission. Als Kenner der Geschichte und Völkerkunde des kasachischen Volkes verfolgte er die historischethnographische Literatur zur kasachischen Thematik. Ab 1860 veröffentlichte er seine Werke in vielen Zeitungen und Zeitschriften. Er schickte seine Beiträge, Reisenotizen, archäologischen und ethnographischen Materialien regelmäßig an die Russische Geographische Gesellschaft. Der für Ethnographie zuständige Rat der Gesellschaft wählte ihn 1861 zu seinem Mitglied und Mitarbeiter.

Bereits ein Jahr später wurde Babadschanow mit einer Silbermedaille der Gesellschaft ausgezeichnet. Damit war er der erste Kasache, der eine offizielle Auszeichnung für seine wissenschaftlichen Studien bekommen hat. Ibrai Altinsarin (1841 bis 1889), kasachischer Pädagoge, Aufklärer und Schriftsteller, beendete die russische Schule in Orenburg und war der erste kasachische Lehrer. Ab 1879 war er Inspektor der kasachischen Schulen der Stadt Turgai. Dies bot ihm die Möglichkeit, das damals existierende Bildungssystem in Kasachstan zu erforschen. Im Ergebnis erarbeitete Altinsarin ein landesweites Schulbildungssystem für das kasachische Volk. Dieses System umfasste zweitklassige Internatsschulen in jedem Kreis und russisch-kasachische Schulinternate für die kasachischen Nomaden in jedem Amtsbezirk. Im Laufe der Tätigkeit Altinsarins im Bezirk Turgai wurden vier Zweitklassen-Internatsschulen für Jungen, sieben Grundschulen, die kasachische Lehrerschule in Orsk, die Gewerbeschule in Turgai, und die Internatsschule für Frauen in Irgis eröffnet. Altinsarin kämpfte gegen den jahrhundertlangen Rückstand, propagierte demokratische Literatur und griff auf die pädagogische Erfahrung von Konstantin Uschinski und Lew Tolstoi zurück. Er war ein Aufklärer und talentierter Organisator. Er verfasste die ersten kasachischen Lehrbücher, schrieb literarische Werke und machte Übersetzungen aus dem Russischen. Für kasachische Kinder übersetzte er die Werke von Tolstoi und Iwan Krylow. Er war überzeugt, dass die Volksdichtung Kinder wunderbar erziehen kann - so nahm sie in seinen lehrpädagogischen Experimenten einen wichtigen Platz ein. Seine „Kirgisische Chrestomatie" von 1879 enthält kasachische Lieder, Sprichwörter, Sprüche, Märchen, Legenden und Aitysen (improvisierte Lieder).

Sein ganzes Leben lang sammelte er Materialien der mündlichen Volkskunst, studierte die Traditionen, den Alltag und die Bräuche der Kasachen. All dies hat er systematisiert und Verallgemeinerungen erarbeitet. Als Autor zahlreicher Studien zur Sprache, Archäologie, Ethnographie und Geschichte hat er viel für die Aufklärung des kasachischen Volkes geleistet. Er stellte die Frage über die „Wiederherstellung der Rechte der kasachischen Sprache" und über ihren Gebrauch in der offiziellen Korrespondenz. Er trat für die Einführung des kyrillischen Alphabets in der kasachischen Sprache ein. Ende des 19. Jahrhunderts war in der kasachischen Gesellschaft eine Wende im Bildungsbereich sichtbar. Für die Reformen im alten Bildungssystem trat vor allem ein Teil der kasachischen Bourgeoisie ein, die Beschäftigte mit grundlegenden Kenntnissen brauchten, um ein Geschäft führen und die Produktion entwickeln zu können. 1917 war das Jahr der Oktoberrevolution. Die Grundlagen der Politik der Kommunistischen Partei und der Sowjetmacht im Bildungsbereich wurden 1919 auf dem 8. Parteitag angenommen. Zu den Aufgaben dieses Programmes gehörte die Gründung eines neuen sozialistischen Systems der Volksbildung, wonach die Schule „aus dem Instrument der Klassenherrschaft der Bourgeoisie in ein Instrument der kommunistischen Wiedergeburt der Gesellschaft" verwandelt werden sollte.

Die vorrangige Aufgabe war die Beseitigung des Analphabetentums. Gemäß der Verordnung „Über die Beseitigung des Analphabetentums" vom 26. Dezember 1919 wurde 1920 im Volkskommissariat für das Bildungswesen die Allrussische  Außerordentliche Kommission zur Beseitigung des Analphabetentums gegründet, in deren Verantwortung die ganze Arbeit lag. Die Kommission leistete eine immense Arbeit. In allen Republiken der Sowjetunion wurden allerorts Schulen für Erwachsene beziehungsweise Stellen für die Überwindung des Analphabetentums geschaffen. In großen Auflagen wurden Bücher und Lehrmaterialien in allen Muttersprachen veröffentlicht.

Zwischen 1920 und 1940 lernten etwa sechzig Millionen Erwachsene schreiben und lesen. Im Jahre 1939 hatte nach Angaben der Volkszählung der schriftkundige Teil der Bevölkerung im Alter von neun bis 49 Jahren einen Anteil von 87,4 Prozent. Die Volkszählung des Jahres 1959 zeigte, dass das Analphabetentum fast überall überwunden war. Die Alphabetisierung in Kasachstan und den anderen zentralasiatischen Republiken unterschied sich von der im europäischen Teil des Landes. Die nationalen Randregionen fügten sich nur mit Schwierigkeiten in die neue Bildungspolitik ein, denn im Grunde genommen bedeutete sie eine allgemeine Russifizierung. Andererseits waren die jungen Menschen und Kinder in den Republiken praktisch hundertprozentig im neuen Bildungssystem erfasst. Das Volksbildungssystem der UdSSR erfasste sämtliche Altersstufen. Die Ausbildung war kostenfrei, und Jungen und Mädchen besuchten gemeinsame Schulen. Aufgehoben wurde die körperliche Bestrafung von Kindern. Alle Nationalitäten hatten das Recht auf Ausbildung in ihrer Muttersprache. Begonnen wurde mit dem Aufbau eines sowjetischen Systems der allgemeinen Vorschulerziehung. Beschlossen wurden neue Regeln für die Aufnahme in die Hochschulen, die ihre Türen nun auch für die unbemittelten Schichten der Bevölkerung öffneten. Private Schulen waren verboten. Die Folgen der Einführung eines einheitlichen sowjetischen Bildungssystems sind nicht eindeutig. Kasachstan wurde eine der russifiziertesten Republiken im zentralasiatischen Teil der UdSSR. Das Bildungssystem beseitigte nicht nur das Analphabetentum vollkommen.

Geschaffen wurde auch eine mächtige wissenschaftliche Basis. Ohne die Sowjetunion wäre es Kasachstan nicht gelungen, das Land zu werden, das es heute ist -ein Land mit einem hohen Bildungsniveau und hohem intellektuellen Potential der Bevölkerung. Bildungswesen und Wissenschaft gehören zu strategischen Entwicklungsaufgaben der Republik.  Das Entwicklungstempo dieser Bereiche bestimmt die Geschwindigkeit der Fortschritte in Wirtschaft, Technik, Technologie, Politik, Kultur und Gesellschaft. Zwecks der Modernisierung des nationalen Bildungssystems sowie der besseren Ausbildung und der Befriedigung der Bedürfnisse des Individuums und der Gesellschaft wurde das Staatliche Programm zur Entwicklung des Bildungswesens für die Jahre 2005 bis 2010 beschlossen.

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